Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen

2021 erhielt das Kunstfestival „Ausarten – Perspektivwechsel durch Kunst” für sein außergewöhnliches gesellschaftliches Engagement den „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“.

ausarten-muenchner-buergerpreis-fuer-demokratie-gegen-vergessen

Die von der Münchner Ehrenbürgerin und Politikerin Professorin Dr. Hildegard Hamm-Brücher ins Leben gerufene Stiftung „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“ lobt biennal einen mit 5.000 Euro dotierten Preis für besonderes gesellschaftliches und politisches Engagement aus. Die Stiftung möchte junge Menschen zur Stärkung der Demokratie ermutigen, die Wachsamkeit gegenüber antidemokratischen Entwicklungen fördern und zur Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit im Sinne einer lebendigen Erinnerungskultur beitragen. 2021 erhält das Kunstfestival „Ausarten – Perspektivwechsel durch Kunst: Jüdisch-Muslimischer Dialog“ den „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“ für sein außergewöhnliches gesellschaftliches Engagement.

 

Das Festival initiiert einen Rahmen, in dem Werke von jungen Künstlerinnen und Künstlern, mit und ohne Migrationshintergrund aus ganz Deutschland drei Wochen lang in den Räumlichkeiten des Münchner Forum für Islam e.V. ausgestellt werden. Außerdem werden Workshops zu Theater, Musik, kreativem Schreiben und Fotografie organisiert. Den Veranstalterinnen und Veranstaltern – ein gemischtes Team aus Jüdinnen und Juden, Musliminnen und Muslimen – ist es ein wichtiges Anliegen, Kultur niederschwellig für ein diverses Publikum zugänglich zu machen. Das Festival möchte Räume öffnen, in denen sich Menschen über die Mittel von Kunst und Kultur mit den Themen Vielfalt, Teilhabe und kulturelle Hybridität auseinandersetzen können. Menschen, die sonst Gäste sind, werden hier zu Gastgeberinnen und Gastgebern, gesellschaftliche Hierarchien werden hinterfragt und Besucherinnen und Besucher begegnen sich unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Hautfarbe, Sprache, religiösen oder politischen Anschauungen sowie sexueller Orientierung auf Augenhöhe. In diesem Jahr verleiht die Stiftung „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“ außerdem einen Ehrenpreis. Dieser geht an den Shoah-Überlebenden Ernst Grube für sein unermüdliches, jahrzehntelanges Engagement für die Erinnerungskultur.

 

Ernst Grube ist einer der wenigen noch lebenden Münchner, der die Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung durch die Nationalsozialisten erlebt hat. Er wurde 1932 in München geboren und lebte mit seiner Familie bis 1938 in einer Wohnung der jüdischen Gemeinde direkt neben der Hauptsynagoge. Noch vor dem Novemberpogrom 1938 brachten die Eltern Ernst und seine beiden Geschwister im jüdischen Kinderheim in der Antonienstraße unter. Nach Schließung des Heims kam Ernst mit seinen Geschwistern 1942 in die „Judenlager“ Milbertshofen und Berg am Laim, seit 1943 lebte er wieder bei den Eltern, in ständig wechselnden Wohnungen. Im Februar 1945 wurde der Zwölfjährige schließlich zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort wurden sie am 8. Mai von der Roten Armee befreit und kehrten nach München zurück. Ernst Grube machte eine Lehre zum Malermeister, holte auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nach und wurde Berufsschullehrer. Er protestierte gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands und engagierte sich politisch in FDJ, Gewerkschaft und KPD. Seit Jahrzehnten setzt er sich unermüdlich für eine lebendige Erinnerungskultur ein, berichtet als Zeitzeuge von seiner Lebensgeschichte und seinen Verfolgungserfahrungen. Außerdem mischt er sich beständig in aktuelle politische Debatten ein, um eindeutig Stellung zu beziehen: gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und gegen jede Form von Ausgrenzung, Krieg und Gewalt, und für eine offene und tolerante demokratische Gesellschaft.

 

Oberbürgermeisters Dieter Reiter wird die Preise am 25. Oktober im NS-Dokumentationszentrum übergeben und eine Rede auf die Stifterin Professorin Dr. Hildegard Hamm- Brücher halten. Die Laudator*innen sind Dr. Mirjam Zadoff, Direktorin des NS-Dokumentationszentrums München, Prof. Björn Bicker, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Coburg, sowie Dr. Thomas Rink, NS-Dokumentationszentrum München.

ausARTen ist 2021 Preisträger vom „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“
ausarten-muenchner-buergerpreis-fuer-demokratie-2021-2
ausarten-muenchner-buergerpreis-fuer-demokratie-2021
ausarten-muenchner-buergerpreis-fuer-demokratie-2021-3

Grußwort für das AusARTen-Festival

Liebe Münchnerinnen, liebe Münchner,

das AusARTen-Festival wirbt für einen gesellschaftlichen Perspektivwechsel mit Hilfe von Kunst und Kultur.

Es hat zum Ziel, mit den Teilnehmenden neue Wege zu erkunden, wie sich Freiheit, Toleranz und Akzeptanz erkämpfen lassen, auch und gerade für Mitmenschen, die von Diskriminierung, Rassismus und Ausgrenzung betroffen sind. Wie wäre unsere Gesellschaft frei von Rassismus und Hass?, diese Frage schafft einen Möglichkeitsraum, in dem ohne Zwänge und Ängste reale Utopien erdacht und religiöse und kulturelle Grenzen überwunden werden. Dabei haben die jungen Akteurinnen und Akteuren die Möglichkeit, sich vorurteilsfrei zu begegnen und kulturübergreifend voneinander zu lernen.

Die Landeshauptstadt München unterstützt das AusARTen-Festival. Besonders erfreulich ist der inklusive Ansatz. Als visionäres und intersektionales Festival findet es dieses Jahr bereits zum sechsten Mal statt.

Ich freue mich, dass ich als Bürgermeisterin die Schirmpatenschaft für AusARTen übernehmen darf.

Ein besonderes Festival wünscht Ihnen
Katrin Habenschaden
Bürgermeisterin